Montag, 15. Oktober 2012

0114 STILLE & FINSTERNIS (4)

4

30.000
kleine könige
in allen dörfern und städten österreichs
die jungschar im janitscharenschritt
mit dem stern voran
golden nicht rot
nicht zur eroberung
ausgeschickt sondern
mit weihrauchfaß & sammelbüchse
um 20 millionen für die mission
so auch in eggenburg
wo die schminkkünste des pfarrers
aus dem franzi keinen mohr
oder tschuschen machen können
auch kein kind gottes
wo ein brillantfeuerwerk
das brandneue jahr begrüßt
wo die kondioreien gratis
faschingkrapfen verteilen
die gastwirte glühwein ausschenken
wo die feuerwehr freund &
kameradschaftliche beziehungen
zur ff kopenhagen unterhält
wo den pfadfindern als aus
zeichnung das dschungelbuch verehrt wird:
so spenden die spender
einen unauslöschlichen frieden
zwischen denen die nichts
und denen die wenig
vom leben haben zugunsten
des einzigen großen königs

(4.1.1973, eggenburg)

Siehe gerecht zu den dingen sein,
im prinzip,
krimidylle.

Samstag, 13. Oktober 2012

0-113 STILLE & FINSTERNIS (3)

3

die frau die gern
wie ein hund liebe macht
zufällig sitzt sie in der konditorei vor mir
ich bohre meinen zeigefinger
in ihr butterbrot zwing sie so
noch vorm absturz auf ihre gräflichen
besitzungen zum mentalen
arschfick in überschreitung
des wirklichen lebens
der bagatellgrenze als schon der schreck
von eggenburg hereintritt
unscheinbar aus der tiefkühltruhe
da draußen die der konditor gleich
(die mutzenbacher sagt er
zum abendsport salve regina)
mit braunem vorhang
zum munkeln im dunkeln abdeckt aber
die weißen frauen vom schloß
versauen mir alles
die pfarrkirchenuhr geht nach wie
immer & ich sehe
das gespenst des debilen
zimmermädchens mit meinem
zu spät gefundenen ehering
am finger (sie hats auch am kreuz)
in der redaktion des faber verlags:
dort fabrizieren sie
was sie nicht lassen können
unverdrossen die lebenshauptsache
den anschein von anstand & ordnung

(4.1.1973, eggenburg)

Siehe freie liebe,
ich küsse deinen versteckten mund.
naturalismus.

Donnerstag, 11. Oktober 2012

0112 STILLE & FINSTERNIS (2)

2

für die präfigurierte
freude am feuer (das knall
körper & feuerwerksgeschäft
brennt) entschädigt
mich weder die sirene
in der nachtidylle noch
der brandgeruch noch das
erscheinen zum augenschein
das feuer brennt
(wie immer) in der selch
hinter der bemalten renaissance
fassade (nur ein bißchen mehr)
die pyrophilen verziehn sich enttäuscht
zu ihren stammtischen zurück
sich in die chronik der zeitung
rettend in den stromtod
in der badewanne
in den explodierenden weihnachtsbaum
ins foto des feuerzaubers von liesing:
der startfunke eines autos
setzt dort nur den gehsteig in brand

(4.1.1973, eggenburg)

Siehe zeichen & akte,
paulusplatz,
anal.

Dienstag, 9. Oktober 2012

0111 STILLE & FINSTERNIS (1)

1

jetzt hält die stadt
ihren jahrhundertealten
mittagsschlaf winterschlaf
mit geschlossenem licht
spieltheater stadtkeller
mit grauer graubrauner braun
grüner winternatur
mit vögeln kot & mopedfahrern
mit weißen vermessungs
knöpfen am bahnviadukt
mit 5000 schilling strafe oder
2 wochen arrest

mit ruhe & erholung
gewidmet vom verschönerungsverein

(dessen präsidentenwahl wiederholt
werden muß weil vandelen
ganze arbeit geleistet haben)
mit der krahuletz ruhe
einer einfachen tafel an
einem einfachen baumstamm inmitten
eines einfachs runds
aus bäumen unter bloßgelegten
föhrenwurzeln (von oben)
mit einem abgetrennten uhukopf
mit der schrecksekunde
beim anblick eines menschen
einer rot bekittelten frau:
das marx & engels lesen
besorgen die andern

(4.1.1973, eggenburg)

Siehe tagesschau,
3x täglich,
die lehrer,
ortsbestimmung.

Sonntag, 7. Oktober 2012

EU-24 SONNENDOM (KING´S CROSS)

Regen. Regen, auf drei Leinwänden
inmitten von Finsternis, flackernden Lichtern
irgendwo, schwarzen Kopf- und Leibmassen,
inmitten der Musikantenarena. Geräusche

von allen Seiten, in fein abgestuften
Lautstärken, zu zarten Anweisungen
der hell herausragenden Dirigentin. Regen,
der Regen blieb auf den Leinwänden,

in fiebrigen Streifen auf den Gesichtern,
in den Haaren der Protagonisten, während Streicher
und Bläser dort dreifach im Trockenen sitzen,
völlig unberührt, bis zum Schluß,

da jemand nach außen vordringt, hellauf trompetend,
während die andern die Instrumente nur streicheln,
nach den letzten Tönen, in ihrer Musikantenhöhle
warm und geschützt – bis der Trompeter draußen

im Wasser steht, knietief, trompetet inmitten
blutender Soldaten, mit mir, inmitten blutender Bläser,
Streicher und Trommler, plötzlich verstummter
Sänger – alle auf der Suche nach dem Sonnendom

(Donnerstag, 12.07.2001, 23.10 Uhr, London)

(Erschienen in Eurotunnel, Literaturedition Niederösterreich, 2005)

Freitag, 5. Oktober 2012

EU-23 EMPATHIE (RUTLAND GATE)

die Tür muß gar nicht aufgehn,
denn hinter diesem Holz-Ungetüm
ist keine Mauer. Nachts,
wenn ich das Licht ausmach, und du bist da,
kann ich in den Ritzen etwas Schmales,
flüchtig Helles sehn, einen verhuschten Fleck,
wenn ich den Kopf hin- und herschwenk.

Der Boden schwingt leicht mit, wenn du gehst,
auch das Bett. Deines muß in der Ecke stehn,
links, mit der Schmalseite zum Klo hin.
Du hast sehr wenig Platz, nur ein paar Schritte
zwischen Bett und Kastenfront.

Aus dem Spalt unter der Tür seh ich jetzt
vom Gang her Licht. Dein Fenster
muß offen sein, der Luftzug
weht beharrlich alle meine Blätter vom Tisch.

Ins Bad gehst du schnurstracks nach links.
Willst es mit dem Riegelchen verschließen,
es sperrt nicht gleich. Auf dem Badewannenrand
find ich dann mein Shampo umgekippt, fast leer.
Das Handtuch bis zur Hälfte triefnaß.

Jetzt ist es beängstigend still bei dir.
Durch die Ritzen ist nichts zu erkennen.
Vielleicht liegst du nur flach auf dem Bett,
mit dem Kopf tief im Polster,
im Grübeln über deine Musik.

Noch ist es nicht Abend. Doch
die ganze Zeit denke ich an den heutigen Abend.
Du wirst spielen, selbst dirigieren.
Ich werde dich nicht aus den Augen lassen können am Pult,
mich dabei weiter enttraumatisieren

(Donnerstag, 12.07.2001, 11.50 Uhr, London)

(Erschienen in Eurotunnel, Literaturedition Niederösterreich, 2005)

Mittwoch, 3. Oktober 2012

EU-22 SAMSTAGNACHMITTAG (RANVILLE ROAD)

von der Themse her Wind, aus beiden Richtungen.
Da sitzt du mir schräg gegenüber,
in einer Nische der Riverside Studios,
sprichst mit meiner Zunge, erstaunlichem Auftrieb.

Es ist dein Bild auf dem Bildschirm
in meiner Hand, das dich antreibt.
Du stehst an der Theke zwischen zwei Mädchen,
gläsern und zart, die ihre Arme heben

zum Samstagsnachmittagstanz,
der die Jahre überdauert hat.
Eine von Tausenden bist du, Beine
wie Stämmchen nebeneinander,

und ein Insekt fliegt unermüdlich stechend
von Haut zu Haut – Blutströpfchen sondern
sich ab, langsam in eine Rinne rieselnd,
Sammelbecken, das in ein Abflußrohr mündet.

Es ist das Samstagnachmittagsritual
der Rotes-Kreuz-Wespen: ihre Opfer
und Helferinnen sind die Mädchen.
Auch du tust deine Samstagnachmittags-

Gute-Tat, die allen anderen zugutekommt,
nicht nur dir. Dafür willst du aufsteigen,
schlagartig, in den Himmel, freudenreich
bis in die Höhe der Satellitenumlaufbahnen,

lautloser Transport auf dieser fügsamen Lederbank.
Lohn für Mitleid, Güte, pulsierenden Schmerz:
von dort könntest du herabblicken,
hättest aber auch Zugang zu einem Wurmloch,

völlig anderen Welten-Raum. Du zweifelst
im Augenblick der Idee. Das hält dich fest,
hier auf der Erde, zwingt dich
unter die Oberfläche auf deinem Gestühl,

Ersatz für einen ganzen U-Bahnzug,
der nun mit dir allein, nur deinen Impulsen
gehorchend, durch alle Tunnels treibt, weich,
isoliert und gefahrlos durch menschenleere Stationen,

ohne zu halten, solange du willst –
dein Urwald ohne Pflanzen und Tiere,
deine unergründliche, selbsttätige Schlangenlinie,
die dein Bewußtsein dir jede Millisekunde vorschreibt:

bis zu der Stelle, wo das Feuer einst brannte
und die Mädchen tanzten ihren Samstagnachmittagstanz -
da wird plötzlich dein Halt sein,
Auslaß ins allgegenwärtige Nichtsein

(Dienstag, 10.07.2001, 22.30 Uhr, London)

(Erschienen in Eurotunnel, Literaturedition Niederösterreich, 2005)

Montag, 1. Oktober 2012

EU-21 AUGENLICHT (RUTLAND GATE)

plötzlich sah ich die Hände nicht.
Verdrehte den Kopf,
ergriff alle zehn Finger,
führte sie zum Mund:

schmeckten nach Harn (oder Hirn),
auch Babyöl.
Rieb mir die Augen,
und alles war schwarz.

Stieß mit dem Kopf gegen die Tür,
mit den Knien gegen den Kühlschrank,
vornüber fallend
riß ich die Fächer heraus,

Milchflaschen, Eier, Bananen, Käse.
Stürzte zu Boden, kroch weiter,
ohne irgend etwas zu sehn,
die Treppe hinauf, ins Zimmer,

über den Augen Blut.
Legte mich aufs Bett,
zog die Decke über mich,
dachte mir Sonne und Mond,

beide nebeneinander,
zugleich den Himmel
überwachsend, und Sterne,
bis alles von innen her strahlte

(Mittwoch, 9.8.2000, 21.30 Uhr, London)

(Erschienen in Eurotunnel, Literaturedition Niederösterreich, 2005)

Samstag, 29. September 2012

EU-20 TARA (BRITISH MUSEUM)

Tara wars, die ich umkreiste,
keine Erscheinung wie jede andere,
verkrampft hinkend, wie in Trance.

Unbewegt sah sie
aus schmalen Augen, mitleidig brütend,
auf mich herab.

Metallisch glänzend der Leib,
die Brüste halbkugelig, Palmwedel-Hüften,
steil abgewinkeltes Bein.

Die Linke zum Segen erhoben,
die Rechte offen herabhängend,
tribhango tura, in sich versunken.

Ich, sie umgarnend, dachte:
Schleier über die Augen,
unter den Rock schlüpfen, Saft saugen.

Tara aushebeln, quer
über den Montague Place tragen,
Russel Square, ins nächste Hotel -

ihr mit eisernen Stößen
ein Lebenslächeln entlocken,
Laute, die aufscheuchen, Liebesgelächter.

Der Löwe des Stolzes in mir
verschwand, das Feuer des Zorns,
der Räuber irriger Ansichten.

Keine Flut von Begierde mehr,
kein Elephant der Verblendung.
Keine Schlange der Eifersucht.

Kein Geiz, kein Gespenst des Zweifels –
es war die Wahrheit, die mich beschämte,
mir im Moment alle Körperlichkeit entzog

(Mittwoch, 9.8.2000, 23 Uhr, London)

(Erschienen in Eurotunnel, Literaturedition Niederösterreich, 2005)

Donnerstag, 27. September 2012

EU-19 TEENAGER (ENNISMORE MEWS)

Teenager mit Brustwarzenhütchen,
sonst Transparentlook
bis zum Gürtel. Dort allerdings
begann der rosenrote Glanzrock,

zerteilt vom weiß-schwarzen Zipp,
den sie auch beim Sprechen und Essen –
sie aß nur einen Fingerhut voll,

nippte an mehreren Schälchen – auf-
und zuzog. Stand auf, drehte sich
kreiselig, mit auffliegenden Zöpfen,
hielt allen den Arsch hin: Reihen

aus Täschchen, beschriftet von A bis Z.
Nichts drinnen. Nichts konnte sie
lernen, nichts wirklich begreifen.

Sie platschte in die Arme des Begleiters.
Wurde kleiner und kleiner zerfloß
zu einem glucksenden analphabetischen Rinnsal.
Riß den Mann mit hinein ins Wurmloch

(Sonntag, 13.8.2000, 22 Uhr, London)

(Erschienen in Eurotunnel, Literaturedition Niederösterreich, 2005)

Dienstag, 25. September 2012

EU-18 KALLIOPE (OXO TOWER)

am geschlossenen Museum der Bewegten Bilder
die Namen der neun Musen in Großbuchstaben
auf einer abblätternden Mauer, changierend
zwischen Himmelsblau und Sonnengelb.

Nur Kalliope sprach mich an, mit schönster Stimme.
Vor allen Fremden ihr Tadel: ich sollte mein Ziel
nicht länger verleugnen, mich endlich erklären, angstlos.
Unter jedem Namen war ein Sessel montiert.

Auf einem – Terpsichores – ein Taubenpaar, starr
die linke, die rechte sich unentwegt putzend. Mühte mich ab,
sie zum Auffliegen zu zwingen, mit einem Kraftblick,
ohne Reaktion - wandte ich mich ab, spazierte

weiter, bis Kalliope von oben mich ansprang, nichts
Weibliches mehr an sich. Rittlings auf meinen Schultern –
schrie Hü! und Hott!, kein Trab mehr gestattet, Galopp
und Reißaus durch die Menge, die hinter mir lachte

(Montag, 7.8.2000, 12 Uhr, London)

(Erschienen in Eurotunnel, Literaturedition Niederösterreich, 2005)

Sonntag, 23. September 2012

EU-17 MASKENGESICHT (BOUNDARY STREET)

Augen, unzugängliche, unter gesträubten Brauen,
offene Poren, Nasenhaare, todernst verkniffener
Mund, schwarzer Bartnachwuchs: Gesicht oder Maske?
Gleich erschien mir in einem anderen Raum

die grauhelle Spiegelfläche, samt Warnung davor,
mich selbst zu beschmutzen, die ich ignorierte,
vornübergebeugt in diesem Moment voller Gier,
mich auf der opaken Ölschicht ganz zu erkennen.

Sah nur etwas verschwommen Dunkles, Undefinierbares,
zugleich Spitznäsiges über der breiten Kinnlade.
Auch die Blechkante, unscharf zu beiden Seiten des Gangs,
die mich in Hüfthöhe umschloß. Weg ging ich

mit rinnender Spur rund um den Unterleib,
die nicht stank, durch nichts zu entfernen war.
Was mir narzißartig entschwebte, stellte sich
nebenan hin als viel kleinerer, vergreister Bub,

Zorn im Gesicht. Flugs dazu erfunden:
Normkörper, deren Engelhaftigkeit. Damit verband er sich
zu einer Dreieinigkeit, die den quadratischen Raum
gegen alle äußeren Anfechtungen abstützte.

Über all dem die Maske, drohend mit Flucht
durch eine der Dachluken, plötzlichem Absturz.
Ich löste den Zauber, zur Seite tretend: kein Volumen
mehr hinter dem Gesicht – Negativfläche,

in die ich die Finger bohren konnte, ohne
daß jemand mich strafend anfuhr oder gar biß.
Resümee: vorn Vortäuschung grimmigen Lebens,
von hinten bleiche Hohlform, selbst- und ichlos

(Samstag, 5.8.2000, 12.20 Uhr, London)

(Erschienen in Eurotunnel, Literaturedition Niederösterreich, 2005)

Freitag, 21. September 2012

EU-16 DIE STIMME (SOUTH KENSINGTON STATION)

blies mich an, dieser fremde Mund,
eröffnete mir, was ich tun sollte.

Folgsam setzte ich mich vor das Glas,
drückte den grünen Knopf.

Las, horchte zugleich, damit ich
nichts falsch machen konnte.

Trotzdem - drei Kinder von oben,
inmitten einer Orangen-Landschaft,

sich Augen, Ohren und Nasen zuhaltend:
saßen lächelnd nur wenige Zentimeter

über meiner Stirn, winzige Püppchen,
Wunschauswüchse, lautlos schaukelnd.

Zogen eine Schar von Gesichtern
hinter sich her, während meines erlosch.

Klappten Tische auf, Projektionsflächen
für schnell wechselnde Spiele.

Lagen nun nackt da, Objekte, schon vermessen,
Daten auf vorbeiflirrenden Listen.

Vielleicht auch nur Vorläufer all jener Figuren
die schlummerten, in mir drinnen,

sich manchmal von selbst belebten,
sich durch den Saal voller Spiegel schleppten,

hin bis zum Auftritt leibhaftiger Gogo-Girls -
Blitz, blecherner Donner,

Wiese, Bäume, Monitore, auch den Himmel darüber
als plumpe Täuschung entlarvend.

Aus dem Automaten die Frauenstimme
sprach wieder, ich blieb stumm.

Schließlich rot blinkend, ein Kreis
über dem Gesicht: ich dachte

ich säße richtig, saß aber völlig falsch.
Hätte den Vorgang wiederholen können,

tat es aber nicht. Etwas passierte,
verborgen vor mir, hinter der Wand.

Erhob mich, wartete draußen
ergeben vor dem Auswurf, ergriff

nach dem Pieps mein Vexierbild,
zerriß es in winzige Stückchen, aß sie auf

(Samstag, 5.8.2000, 12.30 Uhr, London)

(Erschienen in Eurotunnel, Literaturedition Niederösterreich, 2005)

Mittwoch, 19. September 2012

E-16 IM HOLZKABINETT

wieder im Holzkabinett, dasselbe honiggelbe, wieder
am verschlungenen Fluß, mit dem scheinbaren See
zwischen zwei Wehren. Die Köpfe der Schwimmer festgehakt
auf einer trägen, braun und grün schimmernden Oberfläche.

Wer hier auch ruft - man hört ihn, man ruft nicht zurück,
es ist nur das Echo. Manchmal ein Steingesicht,
manchmal grüne Algen auf Stein. Manchmal auch -
und das ist nach den Gewittern nicht überraschend -

geschlechtlich ringende Schnecken mit steilen Mänteln.
Auch mit Geduld sind ihre Liebespfeile nicht zu erkennen.
Die Betrachter bohren ihre Finger in die kalkige Erde,
wagen die Vorstellung eines Lebens im Schneckenhaus.

Das Schloß leuchtet auch aus der Ferne. Grober Klotz
unter einem Wolkenliebesspiel zwischen erschreckender
Düsternis und blendender Leuchtkraft. Einmal Regen,
der an den Fenstern kraftvoll vorbeizischt, einmal Hagel.

Lektüre. Und daraus der Schmerz aus allen Details
eines maßlosen Geschlechtsverkehrs über viele Seiten.
Sowohl der fremde Mann als auch die fremde Frau sind in mir.
Auch das fremde Haus, die Dreieckssituation, die Obsession

im Detail, Zeitdehnung, der geschrumpfte Wahrnehmungsradius.
Einmal im Schneckentempo alle äußeren und inneren Häute
so aneinander gerieben, dass sich Elektrizität aufbaut, die diskret,
zugleich feurig die nächsten Tage beherrscht, sogar steuert

(Mittwoch, 13.6.2012, 14.06 Uhr)

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