Sonntag, 10. April 2011

0050 - GEGENGESICHT

zur flöte des kindes hilfreich gesang & das alles vermutlich gegen den altweiberdreck
das kotfleisch
ich entdecke mich darin eingeschlossen entdecke die kalte gegenflöte in mir meinem
herzen: flötentabulatur flötenluft/duft flötenlöcher alles geht flöten
ich entdecke den kalten gegengesang er schlüpft durch die löcher poren: in den löchern
poren leuchten luftbirnen auf
ich entdecke die schlottrigsten arschbacken die sich mir zuliebe vermutlich
die schönsten furze abquälen
vermutlich sind wir jetzt inmitten der schneidendsten blähung kolik: mit den frischesten
kitzspitzen mit dem saftigsten rammlerbart mit dem schlegeln der bauchtrommler meinen zerbrechlichen fingern (die flugzeuge stürzen ab wenn sie an die luftleere decke stoßen)
kannibalische lautpresser/fresser: meine finger
ich entdecke hinter der tapetentür den noch nie gesehenen neurologen: schatten
über den herzen der patientinnen ihr zweites herz
die stille danach ist nicht andächtig dankbar sondern ekelerregend: ein plötzliches
ohrensausen: kalte gegentöne
ich entdecke mich kalt auf der couch hinter der tür & glaube erleichtert an die
fieberröte meines gegengesichts

(so.15.6.1969)

(Blick zum Nachbarn: Freaks Nr. 37.)

Samstag, 9. April 2011

D-04 ELSTERNGEDICHT

im Sitzen, auch Stehn schimmert sie vorbei,
Elster, weißbäuchig, spitzschwänzig,
auf stahlblauen Schwingen

aufblitzende Felder -
lärmt nicht um den Tod Christi,
ist nicht schwatzhaft oder gar streitsüchtig,

wenn sie schwierigen Wörtern nicht gewachsen ist.
Zu zweit schäkern sie von Zeit zu Zeit
von einem Wipfel zum andern,

mittendrin völlig still,
was immer sie da tun,
fühlen, denken, Elsternleid minimieren.

Dann wieder schönfiedrig
von der wehenden Birke
in eine der Nachbarsfichten.

Gelegeverluste rühren mich nicht,
aber der Anblick eines so treuen Paars,
das mit Drahtwürmern Schnecken Grillen Spinnen

lebenslang sich umwirbt und nährt.
Ich wage keinen Mucks auf dem kippeligen Feldbett,
erpicht auf einen Anflug Zutrauen.

Nur einmal saß eine der Elstern
unter der Birke im Gras so nah,
daß ich mich vergaß:

schon entfloh sie
dem greifbaren Begehren,
und ich schalt mich, kettete mich zur Strafe

in meinem Brustkorb fest, mußte Schönheit, Scheu,
viele Wörter mit "sch" am Anfang,
miteinander reimen, bis nur noch Speichel rann

( Sonntag 18.7.1999)

(Erschienen in: Das leere Kuvert, Bibliothek der Provinz, 2002)

(Blick zum Nachbarn: Freaks Nr. 39b.)

Freitag, 8. April 2011

0049 - TRAUM VON PFERDEN

während aber die pferde stillhielten wirbelte der nebel blau her
aufschreiende stille: ein in die lunge gekrochenes jubelndes röcheln
geiflernd geichlernd geißlig bont: der kopf in meinen händen war
von aalen durchsetzt
ich ergriff meine hoden es war morgen
du mußt mir bis an den rand folgen ich sag du mußt du mußt
du erzählst mirs Anna: wie das feuer auftauchte wie das wasser sprühte
menschlich brennendes entsetzen weil der blitzende schmerz weil die hauchdünne klinge
der wald ging auf & Anna bamstig eine geschwollene sonne
ich werde das wiehern abstellen: lautlos einbrennen die zeichen der
besitzer: der wald dampft
in die hohle kugel in die hohle hand in das hohle herz etwas geritzt
das niemand erwartete
während über mir der see schaukelte unten meine füße in nebel gewickelt
du zählst eins zwei drei vier fünf sechzigtausend herabfallende ich:
sie sind beinahe körperlos
sie weiden dort drüben die sonne geht auf: ich verlier sie plötzlich
aus den augen

(juni 1969)

(Blick zum Nachbarn: Freaks Nr. 39a.)

Donnerstag, 7. April 2011

0048 - ZEITGEFANGENE

mit deiner uhr hab ich anteil an deiner zeit
deine zeit kann ich sichtbar auf meiner hand verfolgen
ich verfolge haare deren herkunft ich nicht kenne auf meiner zunge
deine zunge hat wurzeln geschlagen sechs geschlagen in mir
schon im ersten schlag liegt die gesamte grausamkeit eines geschlechts
das sich nur in der wiederholung steigern kann
wiederholte annäherungsversuche an eine vereinfachte zukunft
einfach im wind den hut lüften & sagen aha
aha was mir zufliegt weibliche sonne weiblicher tau weiblicher morgen
mit bloßen händen einfangen
die plötzlich gefangene zeit
die gefangene zeit von plötzlich solcher bewußtheit
es ist zeit sich zu erheben anstelle des zeigers sich selbst zu bewegen

(mai 1969)

(Blick zum Nachbarn: Freaks Nr. 37.)

Dienstag, 5. April 2011

D-03 KÖNIGE EINHORN 1

die sogenannten Könige oder auch nur
Könige, sagte sie, Judäer, ihre

Köpfe, zerschunden, abgeschürft,
augen- und kinnlos, halb-

seitig in der kollernden Zeit,
entmenschlicht: oder eigentlich

schon immer wie aus Stein in
ihrem Gehabe, jetzt nicht mehr

überprüfbar: diese Steinköpfe,
sagte sie, in dem wunderhellen Licht,

das einen bleibenden Schimmer erzeugt,
weiche, tagtraumhafte Plastizität

in diesem Saal, wo ihre Häupter
wie die von Geköpften zu dritt oder

viert ein wenig von oben herab,
und das auch wegen ihrer Über-

lebensgröße, sagte sie: also diese
Steinkönigshäupter, die sie

umgaben, um sie anzuhauchen
mit fröhlichem Todeshauch,

mit der lautlosen Mahnung,
nie wieder zu flüchten

vor einem Anblick, der sie so verstörte
wie die enthaupteten Rümpfe daneben,

als wären sie in einem ihrer bedeutungs
schwangeren Faltenwürfe festgefroren:

ein Jammer, der doch keiner war,
weil sie ja Lust gestreift hatte,

Übermut, Aufbegehren über die
Zeiten hinweg: sie sah sich nun

frei, befreit vom Klammerherz,
um sich zu öffnen. Und sie konnte ihren Blick,

sich selbst wieder abwenden, ohne
Schrecken. Und licht,

leichten Schritts,
kam das Einhorn

(Dienstag, 6.4.1999, 1.30 Uhr)

(Erschienen in: Das leere Kuvert, Bibliothek der Provinz, 2002)

(Blick zum Nachbarn: Freaks Nr. 34.)

Montag, 4. April 2011

0047 - MÜD

der zustand wird nicht beschrieben sondern projiziert: müd
eine umstürzende wand eine zerfallende mauer: schwer
das auseinanderklappen senkrechter schichten: entblätternd
das entblätterte zentrum: schwer

der solarplexus: bebend
die radikaldurchstechung das auslaufen der flüssigkeiten: langsam
die hochaufgeschwollenen warzen: erstarrend
die milchflaschen die darauf erstarrten milchspuren: tastbar

tastbare widerstände: hörbar
ein brausendes langanhaltendes erlöschen: hörbar
über die katarakte stürzt mit einem mal der ganze nil: brausend
die glieder türmen sich durchwässet am boden: müd

das geschwollene wirkt feist das feiste: blau
auswürfe aufwürfe der müdigkeit: durchwässert
maulwürfe: blind
im samt ein gehirnchen aus gerangel von regenwürmern: erstarrend

wie die tropfen güsse die erde zertatschen: müd
wie die erde ein bett ist: müd
wie der körper die erde ist: müd
wie das fallen der körper ist: müd

(mo.19.5.1969)

(Blick zum Nachbarn: Freaks Nr. 36.)

Sonntag, 3. April 2011

0046 - HUNGER

hunger: ein wort zum essen hunger: der fadenschatten durch die schritte
einer viertelstunde vieler viertelstunden
der blick nach innen macht alles synchron: auch mädchen
ein zufälliges muster was sich von oben darbietet: mein aufgestiegener
hunger riecht & äugt
langsam den speichel sammeln gustieren: auswahl reihenfolge
äpfel birnen feigen jegliches obst: mädchen
mein schäumender schwappender speichel: solche bläschen in der lunge
die knistern nach pneumothorax
erste hungerhilfe: zufällig mädchen
das gesamte objekt umkreisen unmerklich seine sphären verletzen
unmerklich eintauchen mit schnabelartigem krallenartigem zahnartigem
energiefelder hautdünste lautfolgen durchkreuzen während schmerzhaft
deutlich im sinn die vorformen nachformen des hungers: oberer unterer hunger
hunger sucht die form mädchen erklärt die form mädchen zerstört
die form mädchen
eine bewegung eine spritzende auseinanderflucht als wäre ein stein
vom himmel gefallen
haare: widerspenst stopfknäuel würgflechten: haut: gespannt durchblutet
von feinster textur: fleisch: eine extremform von fleisch: blut: es ist warm: knochen
etwas wie schreie weil etwas wie haut zerrissen weil etwas wie blut fließt
mädchen essen hunger essen
mädchunger schmeckt hart & trocken erst nach längerem kauen schmeckt
es weich & süßlich
es schmeckt aber nur zum vergessen
das wort essen essen

(mi.21.5.1969)

(Blick zum Nachbarn: Freaks Nr. 35.)

Samstag, 2. April 2011

D-02 (sk) PRÁZDNA OBÁLKA

Nespokojná s úlohou
Vlastnej prítomnosti na stole,
Rúk, ktoré sa miešajú s inými,
Celkom určite vec náhody;
Nie premyslenej voľby:
Obkolesené smrťou, jej pachom –
je to cudzí sen
z jednej knihy z Yalom.

V strede listov z času,
Ktorý nepretržite ubieha medzi
Prstami vystrihovačky nožnicami:
Ktorá sedí strihá, lepí, mizne
Ten pach, žije v búrke,
Ktorá sa rýchlo rozšíri.

Všetky jej obrazy, listy v jednom balíku
Čo mi dala previazaný stužkou.
Vnútri obálka, imúnna
Voči rozpadu, plesni smrti.
Niekto ju rozrezal,
Teraz je prázdna.

Neskôr na ulici stará
Špinavá topánka,
Ktorá sem asi spadla –
Ako tá na povale, ktorú
Som ako žiak musel tak často kresliť.
Patrila starému otcovi, ktorý bol
Osobou ktorá neustále tárala
A rozčuľoval sa nad prítomnosťou.

Pritom žiadny pach smrti,
Len spomienky nohy
Na chôdzu, skrvavenie počas práce,
Nútený pohyb vpred na podložkách,
Ktoré sa pretlačili, bez toho aby prehovorili

Vo sne sa podrážka oddelí od topánky,
Vo mne chýbajúca odvaha,
Primálo sebaodhalenia.
Podošva duša: Čo strácam?
Biele bláznovstvo, bláznivý rozum?
Čo získam?
Hviezdy roztavujúcu hudbu.

(Preklad Mila Haugová)

(Veröffentlicht in der Zeitschrift „vlna“ („Welle“), Bratislava, 2010.)

(Blick zum Nachbarn: Freaks Nr. 27.)

Freitag, 1. April 2011

D-02 DAS LEERE KUVERT

unzufrieden mit der Rolle
der eigenen Elemente auf dem Tisch,
der Hände, die sich mit anderen mischen,
ganz sicher eine Sache des Zufalls;
nicht einer ausgeklügelten Wahl:
umgeben vom Tod, seinem Geruch –
es ist ein fremder Traum,
aus einem Buch von Yalom.

Inmitten von Briefen aus Zeiten,
die ununterbrochen auslaufen zwischen
den Fingern der Scherenschneiderin:
sie sitzt, schneidet, klebt, verschwendet
diesen Geruch, lebt im Gewitter,
das sich schnell verzieht.

Alle ihre Bilder wie Briefe in einem Paket,
das sie mir verschnürt übergibt.
Darin ein Kuvert, immun
gegen Fäulnis Zerfall Tod.
Jemand hat es aufgeschlitzt,
jetzt es ist leer.

Später auf der Straße
ein schmutziger alter Schuh,
der da herausgefallen sein könnte -
wie derjenige auf dem Dachboden,
den ich als Schüler so oft zeichnen mußte.
Er gehörte dem Großvater,
war ein Wesen, das unvermutet plapperte
und sich über die Zeiten empörte.

Darin kein Geruch des Todes,
nur Erinnerungen eines Fußes
ans Gehen, Blutigwerden während der Arbeit,
Zwangs-Fort-Bewegungen auf Untergründen,
die sich durchdrückten, ohne zu reden.

Im Traum löste sich die Sohle vom Schuh.
In mir fehlender Mut,
zu wenig Selbstenthüllung.
Sohle oder Seele: Was verliere ich?
Weise Torheit, törichte Vernunft?
Was gewinne ich?
Sternenschmelzende Musik?

(Dienstag, 13.7.1999, 14 Uhr)

(Erschienen in: Das leere Kuvert, Bibliothek der Provinz, 2002)

(Blick zum Nachbarn: Freaks Nr. 32.)

D-02 DAS LEERE KUVERT

unzufrieden mit der Rolle
der eigenen Elemente auf dem Tisch,
der Hände, die sich mit anderen mischen,
ganz sicher eine Sache des Zufalls;
nicht einer ausgeklügelten Wahl:
umgeben vom Tod, seinem Geruch –
es ist ein fremder Traum,
aus einem Buch von Yalom.

Inmitten von Briefen aus Zeiten,
die ununterbrochen auslaufen zwischen
den Fingern der Scherenschneiderin:
sie sitzt, schneidet, klebt, verschwendet
diesen Geruch, lebt im Gewitter,
das sich schnell verzieht.

Alle ihre Bilder wie Briefe in einem Paket,
das sie mir verschnürt übergibt.
Darin ein Kuvert, immun
gegen Fäulnis Zerfall Tod.
Jemand hat es aufgeschlitzt,
jetzt es ist leer.

Später auf der Straße
ein schmutziger alter Schuh,
der da herausgefallen sein könnte -
wie derjenige auf dem Dachboden,
den ich als Schüler so oft zeichnen mußte.
Er gehörte dem Großvater,
war ein Wesen, das unvermutet plapperte
und sich über die Zeiten empörte.

Darin kein Geruch des Todes,
nur Erinnerungen eines Fußes
ans Gehen, Blutigwerden während der Arbeit,
Zwangs-Fort-Bewegungen auf Untergründen,
die sich durchdrückten, ohne zu reden.

Im Traum löste sich die Sohle vom Schuh.
In mir fehlender Mut,
zu wenig Selbstenthüllung.
Sohle oder Seele: Was verliere ich?
Weise Torheit, törichte Vernunft?
Was gewinne ich?
Sternenschmelzende Musik?

(Dienstag, 13.7.1999, 14 Uhr)

(Erschienen in: Das leere Kuvert, Bibliothek der Provinz, 2002)

(Blick zum Nachbarn: Freaks Nr. 29b.)

Donnerstag, 31. März 2011

O-06 GLÜCK

Glück, kurzes, kann jeder, auch du:
beim Wiedererkennen die Schwarze,
im Untergrund Dunkelbraune, die alles
Weiße wegoxidiert hat.

Glück: unter einem Glasdeckel
vier Äpfel. Dampf, Kardamon,
Zimt, Stechmesser, Fingerloch. Glück:
was hinter den unsichtbaren Linsen ist,

wo das erträumte Försterhaus steht,
an dem wir anstreifen, ohne es zu betreten?
Schwimmendes Eis, Unterführung, Straßenlärm,
Allee, kerzengerade, mit Hunden,

die sich überfordern mit riesigen Prügeln im Maul,
falsch angepackt. Glück: im Frauenbett
jungfräuliches Zappeln, im Takt der Erinnerung
an Eltern, die knapp hintereinander gegangenen

(So, 28.01.2001, 15.20)

(Erschienen in: Obachter, Edition Korrespondenzen, 2007)

(Blick zum Nachbarn: Freaks Nr. 33.)

Mittwoch, 30. März 2011

O-05 - SCHATTENBLITZ

sie atzte ihn, er ließ sich atzen.
Wir saßen zu viert an einem Tisch
in der Mittagsglut im Schatten, lachten,
aßen in ansteckender Heiterkeit, voller Respekt,

Neugier, traumwandlerischer Anwesenheit.
Sie atzte ihn mit ihrem Essen, kleinen
vorgekauten Bissen wie ein Baby.
Er sperrte den Mund auf wie ein Vögelchen,

klappte ihn gleich wieder zu. Sie war bereit,
ihn weiterzuatzen. Atzen, äsen – zwei
ihnen völlig unbekannte Wörter.
Sah mich jetzt aufgespaltet in ihre Hand,

seine Lippen. Erhoffte Lust aus einem Dazwischen-
Verharren irgendwo in der Luft,
im Schattenblitz, der sich materialisiert
und auch selbst ausspricht. Sah mich

zugleich noch an der Brust meiner Mutter
ohne Bewußtsein. Es war ihre Hand,
die jetzt nach mir griff, alles und jeden
nährte und gleich wieder zerfiel

(Do, 22.06.2000, 'Bratislava)

(Erschienen in: Obachter, Edition Korrespondenzen, 2007)

(Blick zum Nachbarn: Freaks Nr. 31.)

Dienstag, 29. März 2011

0042 - BRENZLIG

brenzlig: du denkst: lage: du denkst: gleichgewichtssinn: du fühlst: unten oben
rechts links langsam schnell drehend
brenzlig: du fühlst dich als drehscheibe aller richtungen du fühlst dich im großen tretrad
das ofen im feuer brennt das keller muß erst aus dem holz geholt werden:
im aus geholt brennt ofenkellerfeuerholz
brenzlig: du denkst: verwirrt: du denkst: Franz bleib Franz
Helga kommt gleich!
du denkst: verwechslungen: denkst: pathologisch: ein sich drehender käfig
die stäbe richtungen fächern das licht
da! an der wand! der frühere text: auch etwas mit patschnassen händen
du gehst plötzlich nach oben & es brenzelt nicht mehr oder es brenzelt
nur mehr in deiner erinnerung: heut ist morgen & morgen das nächste jahr
du gehst nach oben: oben ist eine platte grenze für deinen kopf der bitzel
hat sichverflacht oben ist kreideweiß
deine ausdünstungen sind nun doppelt sinnlich: brenzlig
mit einem satz: dein schatten ist oben viel kleiner dein schwanken
geringer die fliehkraft hat sich verstärkt
mit einem satz: das passende wort (brenzlig) hat sich verflacht saust spiralig fächelnd davon

(so.11.5.1969)

(Blick zum Nachbarn: Freaks Nr. 30.)

Montag, 28. März 2011

0041 - 28.4.1969

am tag als de Gaulle zurücktrat
was zu tun bleibt was getan werden muß
am tag als ich am ball blieb im wasser splitternackt
bleibt zu tun muß getan werden
schuften: fernsehen: schlafen
dienase erscheint immer wieder dienase

am tag als ich zum ersten mal das aufsteigen von wasserblasen wirklich sah
am tag als ich das atmen des wassers entdeckte konvex konkav als ich
die brechung zum ersten mal wirklich sah
splittern & spalten
schuften: fernsehen: schlafen: splittern & spalten
der nasenast ab das pantheon zerborsten die jungfrau entblättert & lothringen ROT

am tag als
bleibt zu tun muß erst getan werden
nicht revidierbar unmittelbar durchschaubar nackt
es erscheint ein blutiger stumpf am bildschirm ein zerfetzter paraderock
es erscheinen die wünsche langhaarig unter wasser splitternackt
es erscheinen die pflastersteine sie pulsieren splittern & spalten
was getan werden muß bleibt zu tun
am nächsten tag am übernächsten in einem jahr

(mo.28.4.1969)

(Dazu das Wandbild im Office de Tourisme von Colombey.)

(Blick zum Nachbarn: Freaks Nr. 3.)

Sonntag, 27. März 2011

F-06 REIMLOS

Nichts reimt sich,
gottseidank. Oder
es reimt sich so leicht,
ein Kinderspiel,
Nonsens-Zeilen vorm Einschlafen.
Wort für Wort
fall ich auf die Wahrheit hinein.
Und die Wirklichkeit saust vorbei,
und mein Leben bleibt unverdaut.
Beharrlich massier ich
meinen sauren Magen.
Nur in den blassen Träumen
gibt es ein Kind,
das meine Utopie rekonstruiert.
Ich beweg meine Arme und Beine
wie Satzglieder: jetzt
drücken sie mich aus.

(1980)

(Blick zum Nachbarn: Freaks Nr. 12.)

(Erschienen in: Friede den Männern, Residenz Verlag, 1982))

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