DZL-14 MUNDSCHUTZ FÜR ÜBERTRÄGER
auf einer Schnitzerei im Rasen vor der Pulmologie.
Und gleich hinter der Tür der Mundschutzspender:
Wir zogen uns die Dinger schnell über,
denn an jeder weiteren Tür
klebte ein Plakat mit Mundschutz-Gesichtern.
Und oben der Griff zum Desinfektionsmittelspender.
Es roch »entsetzlich«; und »schrecklich«
die Farben der Möbel und Vorhänge –
Hellgrün, Lila, Braun, Schwarz, Rosa –,
die auf keinen Fall in ein Krankenhaus passten;
vier Sessel, zwei Schränke, Tisch und Bett; und Isolation.
Wir hatten den Kranken als Gesunden erachtet,
ihn überall berührt: an den Wangen,
Augen, Ohren, am Mund;
an den Gliedmaßen, am Geschlecht.
Wir mussten ihn pfleglich behandeln,
ignorieren die Eifersucht seiner Töchter,
zugleich eine Abfolge der Teilnahme arrangieren,
um gleichartig in den Genuss seiner Haut und Haare,
seines Fleisches zu kommen.
Über die Venen drangen wir in seine Lunge vor.
Dort konnten wir alle Verschattungen pflücken,
diese klebrigen Bakterienhäufchen,
die so gern in seinem Körper zuhause waren
und ins Unendliche zu wachsen schienen,
ungeachtet dessen, dass aus uns nun Überträger wurden
(2014)
(Erschienen in: Der zarte Leib, Edition Korrespondenzen, 2015)